Experimentelle und numerische Untersuchungen zu Mehrfachrissen in Komponenten der druckführenden Umschließung, Phase 2 (MeKom II); Teilvorhaben: Bewertung und mikromechanische Simulation von Proben und Bauteilen mit realitätsnahen Rissfeldern
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Im Jahr 2012 wurden bei routinemäßigen Ultraschalluntersuchungen in den belgischen Kernkraftwerken Doel und Tihange eine große Anzahl von Anzeigen in den Reaktordruckbehältern Doel 3 und Tihange 2 festgestellt. Eine Ursachenanalyse des Betreibers Electrabel kam zum Schluss, dass es sich bei den Ultraschallanzeigen um Wasserstoffflocken handelt, welche bei der Herstellung der Reaktordruckbehälter entstanden sind. Die Wasserstoffflocken haben eine Neigung von 0 bis 16° (laminar bzw. quasi-laminar) zur druckführenden Wandung und sind über die gesamte Wandstärke verteilt. Im BMWi-Teilvorhaben 1501513A (MeKom Phase 1) der MPA Universität Stuttgart [1] wurden für die experimentellen Untersuchungen zwei ferritische Stähle ausgewählt. Diese sind der ferritische Druckbehälterstahl 22NiMoCr3-7 und der als Sonderschmelze hergestellte ferritische Werkstoff KS07C. Für beide Werkstoffe wurden Werkstoffcharakterisierungen in der Hochlage (KS07C bei T = 150 °C, 22NiMoCr3-7 bei RT) und in der Tieflage der Werkstoffzähigkeit bzw. bei T = -100 °C (22NiMoCr3-7) durchgeführt mit dem Ziel das Werkstoffverhalten bei unterschiedlichen Spannungszuständen zu untersuchen. Im Rahmen des BMUV-Verbundvorhabens 1501596A (MeKom Phase 2 (MeKom II)) der MPA Universität Stuttgart und des Instituts für Eisenhüttenkunde der RWTH Aachen wurden die Werkstoffcharakterisierungen für den ferritische Druckbehälterstahl 22NiMoCr3-7 und die experimentellen Untersuchungen zur Entstehung von Mehrfachrissen und deren Interaktionsverhalten auf ein weites Temperaturspektrum bis T = -196 °C erweitert. Ebenso wurde der Einfluss von Mehrfachrissen auf die Tragfähigkeit von bauteilähnlichen Komponenten untersucht. Es hat sich wiederum gezeigt, dass der Werkstoff 22NiMoCr3-7 sehr homogen ist und kaum Streuungen aufzeigt. Insgesamt wird bestätigt, dass die Übergangstemperatur maßgebend von der Mehrachsigkeit der Belastung abhängt: Je höher diese ist, desto höher ist auch die Übergangstemperatur. In Bezug auf die numerischen Untersuchungen zeigt sich, dass mit dem hier angewendeten nicht lokalen Rousselier-Modell das Verformungs- und Schädigungsverhalten der Experimente gut abgebildet werden konnte. Auch der Ablauf der Interaktion der Risse konnte damit numerisch gut wiedergegeben werden. Mit dem Schädigungsmodell wurde des Weiteren ein betriebsnaher und auslegungsüberschreitender Lastfall eines RDBs unter Vorgabe von zwei quasi-laminaren Rissfeldern simuliert. Die untersuchten Rissfelder können unter beiden Lastfällen als unkritisch eingestuft werden. An dem als Sonderschmelze hergestellte ferritische Werkstoff KS07C wurde der Einfluss von Seigerungen auf das schädigungsmechanische Verhalten des Werkstoffs u.a. bei T = 150 °C untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass sich bei einer 90°-Orientierung der Seigerung zu Rissausbreitung sich der Risswiderstand einer C(T)-Probe gegenüber den Orientierungen 0° und 20° erhöht. Des Weiteren stand ein weiterer Materialblock aus dem Werkstoff KS07C mit einem realistischen Rissfeld zur Verfügung. Dieser wurde umfassend zerstörungsfrei untersucht und die bereits im Vorgängerprojekt angelegte statistische Datenbasis für die Ultraschall-POD-Berechnung wurde vergrößert. Es hat sich gezeigt, dass insbesondere für dickwandige Bauteile die Längen kleiner Risse bei der Vermessung mit Ultraschall überschätzt werden können. Mittels selektivem Laserschweißen (SLM) wurden Laborproben hergestellt. Dazu wurde der Werkstoff 22NiMoCr3-7 in einer externen Verdüsungsanlage zu Pulver zerstäubt. Aus dem Pulver wurden anschließend mit einer an der MPA Universität Stuttgart zur Verfügung stehenden additiven Fertigungsanlage Proben für eine Materialcharakterisierung gedruckt. Diese Normzugproben wurden unterschiedlichen Wärmebehandlungen unterzogen, um näherungsweise einen Werkstoffzustand entsprechend dem Ausgangsmaterial einzustellen. Anhand von insgesamt 3 Variationen der Wärmebehandlung wurde diese dahingehend optimiert, um vergleichbare mechanisch-technologische Werkstoffeigenschaften des additiv gefertigten Werkstoffs mit dem geschmiedeten Werkstoff (Grundmaterial) zu erzielen. Die Ergebnisse zeigen, dass man mittles SLM komplexe Geometrien wie Scherzugproben und Rissfeldproben herstellen und über eine optimierte Wärmebehandlung damit das Veformungs- und Schädigungsverhalten des Grundmaterials erzielen kann. Zur Übertragung/Validierung der Bewertungsverfahren von Laborproben auf reale druckführende Komponenten wurden abschließend Versuchskörper mit bauteilnaher Geometrie aus dem Werkstoff 22NiMoCr3-7 ebenfalls mittels selektivem Laserschweißen (SLM) hergestellt und geprüft. Über die in diesem Vorhaben über einen weiten Temperaturbereich durchgeführten Versuche konnte der Bereich der Anwendbarkeit der in der Dissertation von Herrn Gauder gegenüber Code Case N848 und Code Case N848-1 erweiterten Interaktionsgrenzkurven auf das Übergangsgebiet festgelegt werden. So liegen nun für den Werkstoff 22NiMoCr3-7 sowohl für die Hochlage als auch für das Übergangsgebiet für wanddurchdringende Fehler Interaktionsgrenzkurven vor. Die Spaltbruchwahrscheinlichkeit in der Tieflage des Werkstoffs kann über das hier angewendete erweiterte Beremin-Modell tendenziell vorhergesagt werden. Die Vorhabensziele wurden erreicht.
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In 2012, a large number of indications were detected in the Doel 3 and Tihange 2 reactor pressure vessels during routine ultrasound inspections at the Belgian nuclear power plants Doel and Tihange. A root cause analysis by the operator Electrabel concluded that the ultra-sonic indications are hydrogen flakes that were produced during the manufacture of the reactor pressure vessels. The hydrogen flakes have an inclination of 0 to 16° (laminar or quasi-laminar) to the pressurized wall and are distributed over the entire wall thickness. In the BMWi sub-project 1501513A (MeKom Phase 1) of the MPA University of Stuttgart [1], two ferritic steels were selected for the experimental investigations. These are the ferritic pressure vessel steel 22NiMoCr3-7 and the ferritic material KS07C produced as a special melt. For both materials, material characterizations were carried out in the upper shelf (KS07C at T = 150 °C, 22NiMoCr3-7 at RT) and in the lower shelf of the material toughness at T = -100 °C (22NiMoCr3-7) with the aim of investigating the material behaviour at different stress states. As part of the BMUV joint project 1501596A (MeKom Phase 2 (MeKom II)) of the MPA University of Stuttgart and the Institute of Ferrous Metallurgy at RWTH Aachen University, the material characterizations for the ferritic pressure vessel steel 22NiMoCr3-7 and the experimental investigations into the formation of multiple cracks and their interaction behaviour were extended to a wide temperature range down to T = -196 °C. The influence of multiple cracks on the load rating of components similar to structural parts was also investigated. It was again shown that the material 22NiMoCr3-7 is very homogeneous and exhibits hardly any scattering. Overall, it is confirmed that the transition temperature depends significantly on the multiaxiality of the load: The higher this is, the higher the transition temperature. With regard to the numerical investigations, it can be seen that the deformation and damage behavior of the experiments could be reproduced well with the non-local Rousselier model used here. The interaction sequence of the cracks could also be reproduced well numerically. The damage model was also used to simulate a near-operational and beyond-design load case of an RPV under the specification of two quasi-laminar crack fields. The investigated crack fields can be classified as non-critical under both load cases. The influence of segregations on the damage-mechanical behavior of the material was investigated on the ferritic material KS07C produced as a special melt among other things at T = 150 °C. It was shown that the crack resistance of a C(T) sample increases with a 90° orientation of the segregation for crack propagation compared to the 0° and 20° orientations In addition, another material block made of KS07C with a realistic crack field was available. This was extensively examined non-destructively and the statistical database for the ultra-sonic POD calculation, which had already been created in the previous project, was expanded. It has been shown that the lengths of small cracks can be overestimated when measuring with ultrasound, particularly for thick-walled components. Laboratory samples were produced using selective laser melting (SLM). For this purpose, the material 22NiMoCr3-7 was atomized into powder in an external atomization system. Samples for material characterization were then printed from the powder using an additive manufacturing system available at the MPA University of Stuttgart. These standard tensile samples were subjected to different heat treatments in order to approximate a material state corresponding to the base material. Using a total of 3 variations of the heat treatment, this was optimized to achieve comparable mechanical-technological material properties of the additively manufactured material with the forged material (base material). The results show that complex geometries such as tensile shear specimens and crack field specimens can be produced using SLM and that the deformation and damage behaviour of the base material can be achieved by means of optimized heat treatment. Finally, in order to transfer/validate the evaluation procedures from laboratory samples to real pressurised components, test specimens with geometry close to the component were also produced and tested from the material 22NiMoCr3-7 using selective laser melting (SLM). The tests carried out in this project over a wide temperature range made it possible to determine the range of applicability of the interaction limit curves extended to the transition region in Mr. Gauder's dissertation compared to Code Case N848 and Code Case N848-1. Thus, interaction limit curves are now available for the material 22NiMoCr3-7 both for the upper shelf and for the transition region for wall-penetrating defects. The probability of cleavage fracture in the lower shelf of the material can be predicted using the extended Beremin model applied here. The project objectives were achieved.
